Seit dem 24. Februar 2022 haben die EU, die USA und das Vereinigte Königreich in einem noch nie da gewesenen Umfang weitere Sanktionen gegen die Russische Föderation verhängt. Für Unternehmen ist es relativ aufwendig, aktuelle Information über sanktionierte natürliche Personen oder Unternehmen zu erlangen. Trotzdem ist dieser Aufwand geboten, da bei Verstößen hohe Geldstrafen oder sogar Gefängnis drohen. Im schlechtesten Fall landet der Sanktionsbrecher als Person oder Unternehmen selbst auf einer Sanktionsliste, das bedeutet meist eine wirtschaftlich existenzbedrohende Situation.
Sanktionsregime EU
Die EU hat schon 2014 nach der Annexion der Krim mit den Verordnungen VO 269/2014 und VO 833/2014 erste Sanktionen erlassen. Mittlerweile wird wieder eine Verschärfung über das achte Sanktionspakte vorgenommen (Stand Ende September 2022). Einen ersten Überblick gewinnt man mit der EU Sanctions Map.
Für Detailrecherchen müssen die aktuellen Gesetzestexte geprüft werden. Die konsolidierten Gesetzestexte können Sie im Amtsblatt der EU EUR-Lex finden. Folgend die drei relevantesten Verordnungen.
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- EU-VO 269/2014
Besonders wichtig ist der ANNEX 1, in ihm werden alle sanktionierten Personen und Unternehmen und der Grund für die Sanktionierung genannt.
- EU-VO 269/2014
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- EU-VO 833/2014
Hier werden alle sanktionierten Güter und Dienstleistungen aufgelistet, deren Verkauf untersagt ist.
- EU-VO 833/2014
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- EU-VO 821/2021
Im Technologiebereich ist die Dual Use Güter Verordnung von großer Bedeutung. Diese Liste beinhaltet auf mehr als 250 Seiten detaillierte, nach technischen Kriterien und Parametern aufgebaute Güterbeschreibungen. Sie ist von der internationalen Wassenaar Konvention abgeleitet, die die illegale Verbreitung von Rüstungs- und Dual Use Gütern verhindern soll.
- EU-VO 821/2021
ACHTUNG: Die konsolidierten Gesetzestexte werden immer erst Tage nach Veröffentlichung und Rechtskraft aktualisiert, rechtlich verbindlich sind immer die einzeln neu veröffentlichten Kundmachungen.
Sanktionsregime USA
Das Sanktionsregime der USA unterteilt sich in Primärsanktionen und Sekundärsanktionen bzw. Ausfuhrkontrollen.
Primärsanktionen
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- Länderbezogene Sanktionen (zB Iran, Nordkorea, Syrien, Krim)
- Individuelle/personenbezogene Sanktionen (Specially Designated National – SDN)
- Sektorale Sanktionen (Sectoral Sanctions Identifications List – SSI List)
Primärsanktionen gelten für US-Staatsbürger und Nicht-US-Person mit US-Nexus (zB Kunde ist US-Person/Auftragnehmer, Konto/Transaktion in USD)
Sekundärsanktionen und Ausfuhrkontrollen
Gelten für Nicht-US-Personen oder Transaktionen ohne US-Bezug und für „wesentliche“ oder „bedeutende“ Transaktionen. Eine genaue Definition sprengt den Rahmen des Fachartikels. Ausfuhrkontrollen gelten für Waren mit US-Ursprung und im Ausland hergestellte Waren mit mehr als einem minimalen Anteil an betroffenen US-Komponenten enthalten oder mit US-Technologie hergestellt wurden.
Das US Department of the Treasury / Office of Foreign Assets Control (OFAC ) veröffentlicht die Regelungen unter:
Suchschnittstellen für alle Listen findet sich unter
Drohende Rechtsfolgen
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- Verstoß Primärsanktion: Pro Transaktion USD 330.000, USD 1.000.000 und bis zu 20 Jahre Gefängnis bei Vorsatz
- Verstoß Sekundärsanktion: Keine Geldstrafe, aber Listung auf der SDN Liste!
Sanktionsregime UK
Betroffene Personen, Firmen und Schiffe werden im Vereinigten Königreich unter
Gesetzliche Regelungen Österreich
In Österreich sind folgende nationale Regelungen zu beachten.
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- Devisengesetz 2004
Das Devisengesetz regelt alle Aspekte des Kapital- und Zahlungsverkehrs von/nach Österreich. Derzeit ist Kapital- und Zahlungsverkehr mit wenigen Ausnahmen bei Reisen für den persönlichen Bedarf mit einer niedrigen Wertgrenze untersagt.
- Devisengesetz 2004
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- Sanktionengesetz 2010
Es werden innerstaatliche Maßnahmen wie das Einfrieren, die Beschlagnahme oder der Verfall von Vermögenswerten normiert. Weiters sind Verbote zur Erbringung von Dienstleistungen für fremde Staaten oder die Befreiung von der Erbringung von Forderungen, die durch Sanktionen verunmöglicht werden, definiert.
- Sanktionengesetz 2010
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- Außenwirtschaftsgesetz 2011
Im Aussenwirtschaftgesetz werden Melde- und Genehmigungspflichten für die Ein-/Durch- und Ausfuhr von militärischen oder Dual Use Gütern normiert. Kriterien für die Ausstellung von Genehmigungen und Zertifikaten für Unternehmen für den Handel mit den genannten Gütern werden definiert.
- Außenwirtschaftsgesetz 2011
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- Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz 2017
Im WiEReg sollten die begünstigen Eigentümer (Ultimate Beneficial Owner – UBO) eines österreichischen Unternehmens stehen. Vor Aufnahme einer Geschäftsbeziehung muß geprüft werden, ob sich eine Person oder Firma auf einer Sanktionsliste befindet. Leider ist diese Information nicht verlässlich und Fehler bei der Eintragung werden (noch) nicht sanktioniert. Für internationale Geschäftsbeziehungen ist im UBO-Register des jeweiligen Landes zu recherchieren, dies gestaltet sich aus eigener Erfahrung schon in Liechtenstein oder Luxemburg als schwierig. Bei Ländern wie Panama, British Virgin Islands, Jersey, Guernsey, Delaware ist dies de facto unmöglich, hier ist meist von einer Geschäftsbeziehung abzuraten.
- Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz 2017
Über den aktuellen Stand der Sanktionen gibt folgende Seite der Wirtschaftskammer Österreich Auskunft. Zusätzlich sind müssen die Materiengesetze geprüft werden.
Drohende Rechtsfolgen
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- Devisengesetz 2004: Transaktionsvolumen < EUR 75.000 gelten Verwaltungsübertretung Strafe bis EUR 50.000, Transaktionsvolumen > EUR 75.000 gelten als gerichtliche Straftat mit einer Freiheitstrafe bis 1 Jahr
- Sanktionengesetz 2010: wie für das Devisengesetz 2004, der Schwellwert beträgt EUR 100.000
- Außenwirtschaftsgesetz 2011: im Finanzstrafverfahren oder Verwaltungsstrafverfahren abhängig von Fahrlässigkeit oder Vorsatz Strafe 10.000 – 40.000 EUR, im Rahmen einer gerichtlichen Straftat (zB Ausfuhr Dual Use Güter) fahrlässig/gewerbsmäßig 6 Monate bis 5 Jahre Gefängnis.
Fazit
Bei exportorientierten Technologieunternehmen, Handelsunternehmen und alle beratenden Berufen (Rechtsanwalt, Notar, Steuerberatung, Unternehmensberatung) sind belieferte und beratene Kunden genau zu prüfen.
Historisch war Wien immer eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Schnittstelle zwischen Ost und West, dies wird durch den Sitz vieler internationaler Organisationen noch verstärkt. Da in einer zweiten Welle derzeit sehr elaborierte Strukturen zur Umgehung von Sanktionen aufgebaut werden, ist besondere Vorsicht geboten, wenn zum Beispiel ein jahrelanger Kunde plötzlich die zehnfache Menge anfragt oder neue Kunden aus entfernten Jurisdiktionen Ersatzteile benötigen.
Hier ist eine sorgfältige Recherche der letztendlich wirtschaftlich Begünstigten (Ultimate Beneficial Owners – UBOs) mit klar transparentem Nachweis und eine Absicherung mit End-Use-Zertifikaten (EUCs) zwingend. Sollten diesbezüglich auch nur die leisesten Zweifel bestehen, so ist von einer Geschäftsbeziehung abzusehen. Die Folgen können existenzbedrohend sein. In Deutschland werden per September 2022 ca. 100 Verfahren wegen Sanktionsverstößen geführt, daher kann für Österreich von ca. 10 Verfahren ausgegangen werden.
Mag. Markus Lenotti
Geschäftsführer
Lenotti Advisors GmbH
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